Rammstein, Marilyn Manson & Co

Rammstein, Marilyn Manson & Co

Wenn man von Kolumbien nach Brasilien kommt, kann Brasilien eigentlich nur verlieren. Zumindest macht es zu Beginn den Anschein. Brasilien ist nämlich verdammt teuer. Nach einer mit wenigen Stunden Schlaf verbrachten Nacht im Flugzeug, konnte ich also nicht entspannt ein Taxi nehmen, sondern musste auf öffentliche Verkehrsmittel ausweichen, was in São Paulo allerdings wunderbar funktioniert. Dank der Flughafenbusse und der Metro erreichte ich problemlos mein Hostel. Während ich in Kolumbien noch sieben bis zehn Euro für ein Bett zahlte, sind es hier 15 Euro oder mehr. Da ich mein Hostelzimmer erst am Nachmittag beziehen konnte, entschloss ich mich zu einer dreistündigen Walking City Tour. Dachte ich noch Bogotá sei groß, aber São Paulo ist ein Riese. 12 Millionen Menschen wohnen in der Metropole. Wahnsinn. Während der Tour begegnete mir ein wilder Mix aus verschiedenen Stilen. Mal modern und verspiegelt, mal heruntergekommen alt, mal im klassischen Altbaustil oder jugendlich frech mit Graffitis. Hier findet man sämtliche Stile der Architektur.

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São Paulo verwirrt mich. Finde ich mich meist sehr gut in fremden Städten zurecht, ließ mich mein Orientierungssinn in Sao Paulo im Stich. Hier konnte ich dreimal um den selben Block laufen ohne zu merken, dass ich mich im Kreis drehe. Unglaublich. Während der Tour lernte ich Juan kennen, einen reisenden Chilenen, welcher gerade Arbeit in São Paulo sucht. Wir beschlossen nach der Walking City Tour etwas essen zu gehen. Und das ist n Brasilien als Vegetarier gar nicht so einfach. Zweimal wurde ich abgewiesen. „Vegetarisch? Haben wir nicht.“ Das hätte es in Kolumbien nicht gegeben. Auch wenn in Kolumbien auf der Karte nichts Vegetarisches stand, so waren Kolumbianer doch immer bereit mir etwas Fleischloses zuzubereiten. In São Paulo dagegen ist man auf vegetarische Restaurants angewiesen oder man muss eben suchen. Juan lachte mich schon fast aus, als wir von einem zum anderen Restaurant liefen und ich zunächst nichts finden konnte. Aber schlussendlich haben wir doch ein Restaurant gefunden. Das Essen ist hier natürlich auch doppelt so teuer wie in Kolumbien. Verglichen mit Deutschland sind die Preise recht normal. Aber jeden Tag kann ich hier nicht essen gehen. Zumal die Suche auch etwas schwierig ist, da ich kein Portugiesisch verstehe. Am nächsten Tag hat es geregnet. Besonders viel habe ich nicht gemacht. Ich habe mich auf die Suche nach einem vegetarischem Restaurant gemacht und tatsächlich auf Empfehlung ein vegetarisches Buffet gefunden. Endlich. Und es war auch sehr lecker. Abends wollten Juan und ich Cocktails trinken gehen und er holte mich ab. Schließlich machte ich Bekanntschaft mit der sagenumwobenen Uber-App (Bisher wurde ich schon verwundert gefragt: „Wie, du kennst Uber nicht?“ „Äh… nein?“) Uber ist ein alternatives Taxiunternehmen. Innerhalb kürzester Zeit kommt ein ominöses schwarzes oder graues Auto, mit getönten Scheiben, um die Ecke gebogen und fährt dich wohin du willst. Und dies natürlich für weniger Geld als ein Taxi. Man bezahlt auch nicht bar sonder über diese App. Beim ersten Mal war ich verwundert. Soll ich wirklich in dieses ominöse schwarze Auto steigen? Oder werde ich entführt, verschleppt, verkauft? Nichts dergleichen. Wir sind in der „Barzone“ São Paulos ausgestiegen und haben Cocktails geschlürft.

Festivaltag. Am Morgen wachte ich aufgeregt auf, als wäre es mein erstes Festival. Und tatsächlich ist es ja auch mein erstes südamerikanisches Festival. Witzigerweise ist Mauro, mein Zimmernachbar, auch hier wegen des Maximus Festivals. Also sind wir gemeinsam zum Festival gefahren. Dieses Mal mit einem ominösen dunkelgrauen Auto, auch wieder gebucht über Uber. Beim Autódromo Interlagos angekommen, musste ich erst einmal den Akkreditierungs-/Gästelistenschalter finden, um festzustellen, dass ich zunächst nicht auf der Liste stand. Das lag jedoch daran, dass die nette Dame nur die brasilianische Gästeliste hatte, jedoch noch nicht die internationale. Nach einiger Zeit war auch dieses Problem gelöst und wir konnten aufs Gelände.

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Insgesamt drei Bühnen umfasste das Festivalgelände. Zwei große Bühnen, auf denen abwechselnd gespielt wurde und Bühne für lokale Künstler. Zunächst inspizierten wir das Gelände, luden Geld auf unseren Maximus Chip, bekamen ein Bändchen, dass wir älter als 18 sind, damit wir Alkohol trinken dürfen und aßen Pommes.

Die erste Band, die ich aus weiterer Entfernung sah, waren Hellyeah. Rockig frech wuselten die Jungs über die Bühne und Vinnie Paul trommelte fleißig am Schlagzeug. Anschließend spielten Black Stone Cherry, die unter anderem zu Ehren Lemmys auch „Ace of Spades“ coverten. Nachdem Halestorm die Bühne rockten, wurde es für ich besonders spannend. Bullet For My Valentine standen in den Startlöchern, um São Paulo zu rocken. Mauro und ich mittendrin im Geschehen. Nur leider war der Sound zu leise. Wenn man sich quasi normal unterhalten kann, ohne sich anschreien zu müssen, dann stimmt etwas mit dem Sound nicht.

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Weiter ging das Festival mit Disturbed. Neben eigenen Hits wie „Down With The Sickness“ (bei dem ich ständig überlegen muss, von wem der Sog eigentlich ist) oder „The Light“ wurden auch einige Cover ausgepackt. Am bekanntesten darunter „Sound Of Silence“ (Simon and Garfunkel), „I Still Haven´t Found What I´m Looking For“ (U2) und „Killing In The Name“ (Rage Against The Machine). Dann wurde es noch spannender: Marilyn Manson. Ich glaub den habe ich seit zehn Jahren nicht mehr gesehen. Erstaunlich gut drauf betritt Herr Manson die Bühne und trällert einen Hit nach dem anderen. Vor allem modisch überzeugt Herr Mansons, mal im Anzug, mal ohne Schirm aber mit Charme und Melone und mal lässig im Kapuzenpulli. Natürlich fehlten auch die großen Hits wie „The Dope Show“, „Sweet Dreams“ (Eurythmics Cover) und „Beautiful People“ nicht.

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Dann endlich war die Zeit gekommen. Man merkte, dass die meisten Fans hauptsächlich wegen des Headliners hier waren. Und auch Mauro war ganz aufgeregt, denn er sollte Rammsein zum ersten Mal sehen. Der Countdown lief, die Stimmung war gespannt und mit einem kräftigen Knall und „Ramm 4“ begann die Show. Ein witziger Song indem sämtliche Rammstein Hits verarbeitet wurden: „Ja, Nein, Rammstein“, wunderbar zum Mitsingen. Auch für Brasilianer. In den kommenden zwei Stunden gab es ein Hitfeuerwerk sondergleichen. „Reise Reise“, „Seemann“, „Feuer Frei“, „Mein Herz brennt“, „Stripped“ (Depeche Mode Cover) oder „Du hast“, um nur einige zu nennen. Die Fans waren gut drauf, sangen und tanzten ausgelassen mit. Wobei ich jedoch gedacht hätte, dass Südamerikaner noch mehr abgehen. Einen großen Unterschied zu deutschen Rammstein Shows konnte ich nicht feststellen.

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An Feuer, Konfetti und Knallkörpern mangelte nicht. Der finale Abschluss mit „Sonne“, „Amerika“ und „Engel“ war natürlich der Höhepunkt der Show. Till Lindemann ließ sich an einer Engelfigur hinuntergleiten und beendete so die grandiose Show. Fast zumindest. Als Rausschmeißer gab es noch „Te Quiero Puta“, den die Brasilianer am lautesten und textsichersten mitsingen konnten.

Das war wirklich ein absolut tolles und lohnenswertes Festival. Zum Hostel fuhren wir wieder in einem verdunkelten schwarzen Wagen, indem sogar Bonbons und Wasser gereicht wurden. Ich mag Uber. Leider funktioniert Uber nicht mit meinem veralteten Iphone 4. Schade eigentlich.

Am Folgetag tat ich nicht besonders viel. Ich hab ausgeschlafen, war essen, habe Fotos angeschaut und bearbeitet, war auf einem Hochhaus mit toller Aussicht und hab mich abends noch einmal mit Juan zum Pizza essen getroffen.

Als nächstes stand Rio de Janeiro auf meinem Reiseplan. Statt der angekündigten fünf Stunden verbrachte ich knapp sieben Stunden im Bus. Unglücklicherweise hatte der Busterminal in Rio de Janeiro keinen Anschluss an das Metronetz. So musste ich mit Sack und Pack im Linienbus mitfahren, bis ich eine Metrostation erreichte. Noch einmal eine halbe Stunde Metro fahren und ich war in der Copacabana. Nachdem ich die Sachen schnell ins Hostel brachte, ging ich natürlich erst einmal zum Strand. Wow. Dieser feine Sand, die Breite des Strandes und das Meeresrauschen. Toll. Es war zwar bereits dunkel, aber auf den Straßen war noch viel los. Also setzte ich mich an den Strand und hörte den Wellen zu. Beim folgenden Einkauf wurde ich innerlich ein wenig wütend. An der Kasse wurde aber auch alles einzeln in Plastiktüten verpackt. Kann ja nicht sein, dass zwei verschiedene Brötchen in einer Tüte sind. Ebenso mit den Tomaten und Zwiebeln. Ich wunderte mich, warum nicht auch die Avocado eine Extratüte bekam. Selbst als ich sagte, dass ich keine Tüte haben möchte, erhielt ich trotzdem eine oder besser gleich zwei bis drei. Ich verließ den Laden mit sieben eingekauften Produkten und fünf Plastiktüten. Unfassbar. Am nächsten Morgen machte ich mich erneut auf zum Strand. Der bekannte Strand Copacabana. Ich lief ihn einmal entlang bis zum benachbarten Viertel Ipanema. Leider war es ein wenig bewölkt. Zumindest in den Bergen. Ich hoffe, dass sich das in den nächsten Tage noch ändert. Denn bisher konnte ich Cristo noch nicht entdecken, da er wolkenverhangen war.

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Am Abend stand das nächste Konzert an: Scorpions. Bedauerlicherweise musste ich feststellen, dass die Konzerthalle etwas außerhalb und auch wieder nicht an das Metronetz angeschlossen war. Also wieder rein in den Bus. Dieses Mal lernte ich den Kühlschrankbus kennen. Ca. eineinhalb Stunden fuhr und fror ich in dem eiskalten Bus, natürlich nur mit einem dünnen Jäckchen bekleidet. Irgendwo inmitten eines riesigen Terminals wurde ich raus gelassen. Und nun? Wohin? Ich versuchte nachzufragen. Da aber kaum jemand Englisch oder Spanisch spricht, war es doch ein wenig schwierig. „Wo finde ich Metropolitan?“ „Shoppen?“ „Nein, ich will nicht shoppen. Metropolitan?“ Ich wurde in eine Richtung gewiesen und ich lief los, fragte anschließend weiter nach und mir wurde auf portugiesisch geantwortet. „Nein, ich verstehe kein Portugiesisch. Spanisch? Englisch?“ Und wieder wurde mir eine Richtung gezeigt, weiterhin untermalt mit einem wilden Portugiesisch Dieses mal in die entgegengesetzte Richtung. Alle guten Dinge sind drei. Auch jetzt wurde mir wieder erneut eine andere Richtung gezeigt. Mir war fast zum Weinen zumute bis ich dann doch tatsächlich den richtigen Weg fand. Und siehe da, ich stand in einem Einkaufszentrum. Offensichtlich wollte ich wohl doch shoppen. Die Konzerthalle Metropolitan war in einem Einkaufszentrum gelegen. Na bitte. In der Vorhalle musste man an einem Tresen seine Getränke bestellen und bezahlen. Dann bekam man ein Ticket und ging damit an die Bar. Natürlich sprach auch hier nur eine einzige Frau Englisch. Im Innenraum des Konzertes konnte man wieder mit Geld bezahlen und brauchte kein extra Ticket. Dieses System verstand ich nicht wirklich. Aber sei`s drum. Gegen 22 Uhr begann die Show, ohne Vorband. Sabaton als Vorband, wie in Europa, hätte ich auch hier toll gefunden. Aber sie kommen ja bald nach Südamerika. Unvermittelt traten die Scorpions auf die Bühne und legten mit „Going Out With A Bang“ los.

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Die Stimmung war sofort fantastisch und alle sangen mit. Die deutschen Herren überzeugen vor allem mit einer grandiosen Bühnenshow. Jede Menge Lichter und Leinwände zeigen verschiedene Videos bzw. Bilder. Auch die Scorpions spielten eine muntere Mischung. Für mich waren besonders die Balladen „Wind Of Change“, „Send Me Angel“ und „Still loving you“ großartig. Und das empfand nicht nur ich so. Auch wird der „neue“ und ehemals Motörhead Drummer Mikkey Dee vorgestellt und zu Ehren Lemmys „Overkill“ gespielt. Kein Konzert ohne Lemmy.

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Die Stimmung der Fans war super. Alle Lieder wurden lauthals mitgesungen und abschließend mit einem tosenden Applaus gekrönt. Doch sonst empfand ich die Leute eher angespannt als ausgelassen. Wenn ich mal meinen Platz verließ, um auf die Toilette zu gehen, wurde ich stets böse angeschaut und weder beim raus- noch beim reingehen wurde einem Platz gemacht. Also verdrückte ich mir die Toilettengänge lieber und blieb an einem Platz, an dem ich nicht böse angeschaut wurde. Besonders wohl fühlte ich mich hier unter den brasilianischen Fans leider nicht. Nichtsdestotrotz konnte ich das Konzert sehr genießen. Anschließend musste ich nur wieder knapp zwei Stunden zurück zur Copacabana fahren und kam mitten in der Nacht an. Sollte man doch nachts besser nicht mehr draußen allein rumlaufen, so hatte ich dennoch keine Wahl und eilte geschwind zum Hostel.

Besitos