Auf einmal stand ich in der Wüste…

Auf einmal stand ich in der Wüste…

Da ich von karibischer Wärme in die kühlere Kaffeezone und in das noch kühlere Bogotá wechselte, ist es nicht verwunderlich, dass ich mir eine leichte Erkältung eingefangen habe. Zumindest wachte ich nun mit Halsschmerzen auf. Nichtsdestotrotz war es an der Zeit weiterzuziehen, und zwar allein. Die letzte Woche in Kolumbien sollte ich die meiste Zeit in Bussen verbringen und eine kleine Rundreise durch den Süden durchführen. Dass ich mich nun in weniger touristische Gebiete begab, erkannte ich schon daran, dass ich die einzige Backpackerin umgeben von Einheimischen im Bus war. Aber das störte mich nicht. Nach sechs Stunden in Neiva angekommen, stornierte ich kurzerhand mein teures Hotel und zog direkt in die Wüste in ein Hostel. Mit einem Jeep fuhr ich von Neiva noch einmal eineinhalb Stunden in die Tatacoa Wüste. In dem Hostel schien ich der einzige Gast zu sein. Ich hörte endlich kein Englisch, kein Deutsch oder Französisch mehr. Nur noch Spanisch. Auch wenn ich vielleicht nur die Hälfte verstehe, mag ich es lieber. Schließlich möchte ich mein Spanisch verbessern. Ich bekam ein typisch kolumbianisches Essen und wollte dann gegen 19 Uhr zum Observatorium. Als mich der Jeepfahrer nach knapp einem Kilometer am Observatorium rausließ, fiel mir auf, dass ich ja den Weg zurück laufen muss. Und das im Dunkeln. Und allein. Zum ersten Mal wurde mir kurz ein wenig mulmig zumute. Ich hatte nichts dabei. Kein Messer, keine Pfeife, kein Telefon. Aber immerhin meine Stirnlampe. Wenigstens etwas. Als ich dann auch einige andere, meist kolumbianische Touristen im Observatorium sah, verflog meine Angst. Die müssen ja auch irgendwohin laufen.

Der Astrologe erklärte uns die Besonderheit der Tatacoa Wüste und dass dies der beste Platz in Kolumbien sei, an dem man Sterne und Planeten beobachten könne. Hier waren sowohl die südlichen, als auch die nördlichen Sterne sichtbar und durch die klare Luft fast jeden Tag sichtbar. Nur an rund 50 Tagen im Jahr konnte man nur wenige Sterne sehen, da es bewölkt ist. So ein Tag war dieser Tag. Der Himmel war schön, aber nicht überragend. Wir konnten immerhin den Saturn und den Mars durch Teleskope betrachten. Venus und Jupiter blieben versteckt. Schade. Das eigentlich Spannendste war der Rückweg. Allein machte ich mich auf den Heimweg, bewusst im Dunkeln, ohne Stirnlampe. Ich wollte die ruhige dunkle Nacht genießen. Und dadurch, dass ich wusste, dass in einiger Entfernung Leute hinter mir liefen, war es also alles nur halb so schlimm, wie es vielleicht klingt und ich kam unversehrt im Hostel an.

Morgens wurde ich durch heftiges Klappern an der Tür, pfeifenden Wind und laut prassenden Regentropfen geweckt. Regen? In der Wüste? Klingt irgendwie komisch, ist aber so. An wenigen Tagen überqueren einige Wolken die Gebirge ringsherum und es gibt Regen. Daher auch der bewölkte Abend am Vortag. Nun gut. Gegen halb acht wurde ich von einem etwas älteren Guide abgeholt und schon saß ich auf seinem Moped und wir fuhren durch die Wüste. Natürlich ohne Helm. Klingt auch erst einmal komisch. Schließlich hätte er mit mir sonst wohin fahren können, aber ich fühlte mich nicht unwohl oder unsicher. Zunächst wanderten wir durch die rote Wüste. Kuriose Steinformationen durchzogen die Landschaft.

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Es sieht auf Fotos größer aus, als es eigentlich ist. Nach ca. 30 Minuten hat man den Rundweg durch die rote Wüste bereits abgeschlossen. Ein geradezu fantastisches Bild diese Landschaft. Nach einigen weiteren Kilometern auf dem Moped wandelte sich die rote in eine graue Landschaft. Weitere kuriose Steinformationen schmückten die Umgebung. Da die Wüste recht klein ist, sind auch die kleinen Rundwanderwege, eher mit Spaziergängen als mit Wanderungen zu vergleichen.

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Noch vor Mittag war ich wieder im Hostel und schlief ein wenig. Am Nachmittag kam dann doch noch die Sonne heraus. Morgens noch in Regenjacke eingehüllt, packte ich nun die Sommerklamotten aus, nahm Sheps und meine Kamera und lief noch einmal zur roten Wüste. Sheps wollte schließlich auch mal wieder raus.

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Am Nachmittag entspannte ich im Pool. Ein Pool in der Wüste. Das Leben könnte schlimmer sein. Zum Sonnenuntergang setzte ich mich mit einer Flasche Aquila (kolumbianisches Bier) in die Wüste. Was war das herrlich.

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Nach Einbruch der Dunkelheit stockte mir fast der Atem. Millionen über Millionen von Sternen sah ich am Himmel. Kein Vergleich zum Vortag. So einen Himmel sieht man tatsächlich selten und das versuchte ich dann auch in Fotos festzuhalten.

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Am nächsten Morgen wollte ich dann nach Popayan. Der Jeepfahrer vom Montag wollte mich um sechs Uhr abholen. Ich stand fertig gepackt da, eben typisch deutsch, und der Fahrer kam nicht, eben typisch kolumbianisch. Aber die „Hostel-Mama“ organisierte mir fix ein neuen Jeep und so saß ich dann mit einer Stunde Verspätung im Jeep Richtung Busbahnhof. In Neiva angekommen, stellte ich fest, dass es nur einen direkten Bus nach Popayan gibt. Und dieser fährt vier Uhr morgens. Schade. Also musste ich den Umweg über Pitalito nehmen. Statt sechs Stunden musste ich nun zehn Stunden im Bus verbringen. Die Fahrt nach Pitalito war, sagen wir mal, spannend. Ich hatte einen sehr netten Sitznachbarn, dessen spanisches Singsang ich kaum verstand. Er musste also alles drei mal wiederholen, bis ich es verstand oder zumindest so tat. Der Fahrer des Kleinbusses jedoch war ein durchaus riskanter Fahrer. Man hört ja so einige Geschichten über die südamerikanischen Busfahrten, aber sie dann direkt zu erleben, ist schon was anderes. Er fuhr rasant die Kurven hoch und runter, durch Schlaglöcher und über Bremsschwellen. Wir hüpften auf unseren Sitzen zum Teil hin und her. Aber am krassesten waren die Überholmanöver. Egal ob etwas von vorn kam oder nicht oder ob man etwas sehen konnte oder nicht, es wurde einfach überholt. Und irgendwie klappt es ja doch alles und es geht dann doch gut. Bis zu jedem Moment als der Bus streikte. Auch das noch. An einem Berg nahe eines Dorfes kam unser Bus zum Stehen und wollte nicht mehr weiter. Kein Wunder, so wie der Fahrer fuhr. Da hätte ich als Bus auch keine Lust mehr. Ich hatte noch eineinhalb Stunden Zeit bis der Anschlussbus in Pitalito abfuhr. Je mehr die Zeit verstrich, umso mehr wurde ich nervöser. Der Fahrer und die Gäste schauten alle in die Motorhaube, schraubten irgendwie herum und sahen sich fraglos an. Viel von dem Gemurmel habe ich nicht verstanden. Aber der Bus stand still. Nach 45 Minuten kam ein anderer Kleinbus, der zum Glück mich und zwei weitere Frauen mitnahm. Kurz vor 14 Uhr erreichte ich dann tatsächlich noch meinen Anschlussbus und der Fahrer war definitiv auch etwas entspannter. Jedoch nach einer halben Stunde begann sich die Straße in eine Schotterpiste zu verwandeln, welche drei Stunden so blieb. Ich wurde also aufs Neue durchgeschüttelt. Nach insgesamt zehn Stunden kam ich dann doch in Popayan an und schaute nach einem Hostel. Nachdem ich fix eingecheckt hatte, wollte ich dem Knurren in meinem Magen endlich nachgeben und suchte nach einem leckeren Restaurant und fand zunächst nichts. Es war gerade einmal 20:30 Uhr, da müssen doch noch Restaurants geöffnet haben. Die wenigen, die ich fand, waren entweder zu teuer oder zu fettig. Als ich schon kurz davor war, in eine Frittenbude zu gehen, sah ich dann doch eine Areparia. Gott sei dank. Hatte der Tag dann doch noch ein Happy End.

Morgens wurde ich dann erneut vom Regen geweckt. Mit meiner Regenjacke ging ich hinaus, um die Stadt zu erkunden. Aber irgendwie wollte der Funke nicht überspringen. Popayan ist sicherlich eine hübsche Stadt mit vielen weißen kolonialen Häusern. Selbst viele Auto waren weiß. Aber im tristen Regengrau überzeugte mich das kleine Städchen nicht.

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Die Erkältung brachte mich auch nicht gerade zum Bäume ausreißen. Hinzukommend war mein Hostel nicht so nett, dass ich da verweilen wollte. Also fasste ich den Entschluss, schon heute nach Cali weiterzureisen. Und bereits elf Uhr saß ich im Bus.

Cali ist nach Bogotá und Medellin die drittgrößte Stadt in Kolumbien und die Hauptstadt des kolumbianischen Salsas. Cali ist keine Stadt, die besonders viele Sehenswürdigkeiten aufweisen kann, dafür ist sie um so mehr eine Lebe-Stadt. Hier erlebt man echtes kolumbianisches Flair.

Das La Sucursal Hostel war dieses Mal ein echter Treffer. Ich würde sagen, dass es das bisher beste und netteste Hostel war, indem ich übernachtet habe. Zurzeit nur leider nicht ganz so voll. Wir waren am ersten Abend gerade einmal 5 Gäste: Dave, ein in Texas lebender Mexikaner, Georg, ein Langzeitreisender aus Deutschland, ein irisches Pärchen und ich. Mit Dave und dem irischen Pärchen ging es in eine der vielen Tanzbars. Nachdem gegen Mitternacht das irische Pärchen zurück ins Hostel verscgwanden, haben Dave und ich uns mit einem Taxi in eine Disco fahren lassen. Salsa, Merengue, Bachata, Cumbia… Ähh, alles irgendwie schon einmal gehört, aber in der Praxis? Schwierig. Jedoch nach ca. drei Bier konnte ich alle Tanzrichtungen. Zumindest ansatzweise und in Grundschritten. Vielleicht sollte ich doch noch irgendwo einen Kurs machen. Es war wirklich sehr sehr lustig und wir kamen erst im Morgengrauen ins Hostel zurück.

Am Nachmittag habe ich wieder eine City Tour mitgemacht. Dieses Mal sogar auf Spanisch. Die beiden Guides sprachen so klar, deutlich und langsam, dass ich doch tatsächlich ziemlich viel verstand. Das Interessanteste an der City Tour war der Aussichtspunkt bei Christo Rey. Nicht nur Rio de Janeiro hat einen Christo. Einige weitere südamerikanischen Städte auch. So zum Beispiel auch Cali. Christo ist hier 26m hoch und thront ebenfalls erhaben über der Stadt.

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Am Abend sind Dave, Georg und ich mit einem Taxi in ein Viertel gefahren, indem es eine Metal Bar geben sollte. Wir fanden keine Bar, sondern ein Metal Haus!!! Auf vier verschiedenen Floors wurden unterschiedliche Stilrichtungen gespielt. Ein sehr sehr toller Laden. Leider waren hier nur wenige Gäste. Nach einer kurzen Unterhaltung Georgs mit hiesigen Metalheads, durften wir auch Teil einer Probe der kolumbianischen Thrash Metal Band Attack Fire sein. Das war tatsächlich ganz witzig und er Schlagzeuger war der Hammer. Er trommelte was das Zeug hält, ich konnte gar nicht auf die anderen schauen, so fasziniert war ich vom Drummer.

Der letzte Tag in Cali war recht entspannt. Ich war den ganzen Tag auf der Terrasse des Hostel und entspannte, um abends erneut Salsa tanzen zu gehen.

Nun sind vier Wochen Kolumbien leider schon wieder vorbei und ich werde nun ins weit entfernte Brasilien fliegen.

Besitos