3. Oder auch nicht…
Vielleicht gewöhnt sich mein Körper doch nicht so schnell an die Strapazen. Aber dazu gleich mehr.
Tag 22 Wien – Pfaffstätten (31km)
Zunächst starte ich den letzten Tag in Wien ganz gemütlich. Nachdem Severine zum Flughafen gefahren ist, hole ich mein Rad aus der Werkstatt. Es wurde eine neue Kette aufgezogen, da die alte bereits deutliche Gebrauchspuren aufwies. Der Start nach drei Tagen Pause ist erst einmal gar nicht so einfach, zumal es auch nicht besonders schön ist, aus einer Großstadt herauszufahren. Gut, dass ich an dem Tag nur 30km absolvieren möchte, da eine Freundin von einem Freund mich beherbergen wird. Es ist übrigens unglaublich, wie hilfsbereit und aufgeschlossen manche Menschen sind. Da kennt jemand, der jemanden kennt, der irgendwo wohnt und einen beherbergen möchte. Obwohl man sich gar nicht kennt. Das begegnet mir nicht das erste Mal. So schön zu sehen, wie viele Menschen einen doch mit offenen Armen empfangen. Miriam und ihre Familie wohnen in Pfaffstätten und ich darf kurzerhand auf der Couch schlafen. Vielen lieben Dank.
Tag 23 Pfaffstätten – Aspang (76km)
Auch am nächsten Tag helfen sie mir sehr, da sich eine Entzündung der Haut bei mir ausbreitet. Zack, werde ich an eine Ärztin weitervermittelt, die mir eine Salbe und Antibiotika verschreibt. Doch unter den Umständen gestaltet sich die Weiterfahrt eher schwierig. Ich habe ein wenig Schmerzen und absolut keine Energie. Dennoch schaffe ich es 76km zu fahren. Doch als ich in dem von mir vorher rausgesuchten Ort ankomme, sind alle Pensionen bereits belegt oder existieren nicht. Ich bin kurz vor dem verzweifeln und gehe erst einmal einen Salat essen. Aber auch dieser gibt mir keine Energie und die Besitzer wissen mir auch nicht zu helfen. Es nützt also nichts, ich muss weiterfahren. Und das, obwohl ich schon sehr müde bin und es von nun an straff bergauf geht. Ich kann auch nicht mehr fahren. Zu wenig Kraft ist vorhanden. Also schiebe ich Siggi den Berg hinauf. Aber so richtig finde ich auch keinen Platz, an dem ich verweilen möchte. Bis zum nächsten Ort sind es 10km, rein bergauf. Daran ist nicht mehr zu denken. Kurzentschlossen klingle ich kurz vor 20Uhr an einem Bauernhaus und frage, ob ich hier irgendwo mein Zelt aufschlagen kann. Und tatsächlich bietet mir der Bauer sogar eine Art Garage an. Mitten auf dem Berg neben Heuballen und einem Traktor finde ich einen Platz und ich falle ziemlich erschlagen ins Zelt.
Tag 24 Aspang – Hartberg (43km)
Der nächste Tag ist sehr anstrengend. Durch die entzündete Hautstelle und Antibiotika fällt mir jeder Kilometer schwer. Die 10km bergauf ziehen sich unglaublich in die Länge und teilweise muss ich schieben, da ich auch am Morgen keine Energie habe. Zum Glück ist der Weg nach den 10km weniger anstrengend und oft kann ich einfach nur bergab rollen. Ich fahre an diesem Tag nur 43km bis Hartberg. Ich entscheide mich am Folgetag mit dem Zug nach Graz zu fahren, um einen Arzt aufzusuchen. So kann ich leider nicht mehr weiterfahren.
Nun fahre ich also mit dem Zug weiter. Als ich in Graz ankomme, gehe ich zunächst in die dermatologische Klinik. Und dort wird mir gesagt, dass ich auf jeden Fall ein paar Tage ruhen und ca. zwei Wochen kein Fahrrad fahren soll. Schade eigentlich. Also heißt es umplanen. Ich bleibe vier Tage in Graz, schreibe Reiseberichte, bearbeite Fotos oder meinen Videotagebuch und schaue Netflix. Alles, was die meiste Zeit eben liegen bleibt.
Spontan erfahre ich, dass ein Freund von mir gerade bei seinen Eltern zu Besuch ist. Er kommt aus Znojmo in Tschechien. Und tatsächlich liegt das sogar auf meinem Weg zum Festival in Moravsky Krumlov. Verrückt. Zufälle gibt es immer wieder. Dankend nehme ich seine Einladung ein und verbringe zwei Tage in Znojmo. Ein hübsches kleines Städtchen. Der Vater von Tomas ist begeisterter Winzer und baut schon seit Jahren leckeren Wein an. Ganz stolz zeigt er mir seinen selbst ausgebauten Weinkeller. Ich bin tatsächlich sehr beeindruckt und darf den eigenen Wein sogar probieren.
Und dann findet es tatsächlich statt. Das Rock Castle Festival. Das ich das noch erleben darf. Ein Festival. Mit richtigen Menschen und live spielenden Bands. Seit zwei Jahren vermisse ich Festivals doch sehr. Und natürlich fahre ich nicht ohne Grund nach Moravsky Krumlov, denn Sabaton sollen als Headline spielen. Verrückt. Bereits am ersten Abend lerne ich auch eine nette englisch sprechende Gruppe kennen. Das muss erwähnt werden, denn in Tschechien spricht (zumindest in dieser Region) kaum einer englisch oder deutsch. Von daher freut es mich sehr eine englisch sprechende Gruppe kennenzulernen. Zwei kommen aus der Slowakei, drei aus Tschechien und einer aus Finnland, welcher nun auch in Tschechien lebt. Zusammen erkunden wir das Festival Gelände und haben bereits am ersten Tag richtig viel Spaß. Das soll sich auch die kommenden zwei Tage nicht ändern. Vor allem freue ich mich am Freitag auf The 69 Eyes und Sabaton.
Es ist doch immer wieder schön, sie live spielen zu sehen. Hach ja, das hat sich gelohnt. Am Samstag sind wir noch zu viert, da zwei bereits abreisen mussten. Da uns an diesem Tag keine Band wirklich interessiert, entspannen wir gemütlich sitzend unter einem Baum auf dem Festivalgelände. Ein tolles Gefühl, endlich wieder auf einem Festival sein zu dürfen. Ich hoffe doch sehr stark, dass nächstes Jahr auch in Deutschland wieder Festivals stattfinden.
Am Sonntag habe ich eine längere Tour vor mir. Zunächst holt mich der Vater von Tomas in Moravsky Krumlov ab und bringt mich in Znojmo zum Bahnhof. Vielen lieben Dank dafür. Das hat mir die Reise deutlich erleichtert. Dann fahre ich von einer Stadt zur nächsten, um schlussendlich in Ljubljana anzukommen. Also Zug fahren mit einem voll beladenem Fahrrad ist fast noch schwieriger aber vor allem nerviger als selbst fahren. Ständig müssen die Taschen ab, eine Treppe hoch, in den Zug hinein oder hinaus gefolgt vom Fahrrad. Und dann ist natürlich der Zug kaputt. Also wieder raus mit allem und hinein in eine S Bahn. Zum Glück, weil Ersatzbusse hätten mich wohl nicht mitgenommen. Irgendwie schaffe ich dennoch den letzten Zug von Villach nach Ljubljana. Etwas hungrig komme ich in der Stadt an und bekommen kaum mehr was zu essen, da bereits alles geschlossen ist. Zum Glück hat ein Falafel Laden Mitleid und schenkt mir kurzerhand die restlichen Falafel. Abkassieren geht nicht mehr, da die Kasse schon zu ist. Vielen Dank.
Noch bevor ich mir Ljubljana anschauen kann, erhalte ich schon am Folgetag meinen Mietwagen. Da ich noch immer ein paar Tage pausieren muss, erkunde ich eben Slovenien mit dem Mietwagen. Ist auch gut so, denn nach Soča hätte es mich mit dem Rad nicht verschlagen. Da ich aber bisher so vieles Gutes von der Region hörte, entschließe ich mich kurzerhand diese Region mit dem Auto zu erkunden. Und diese Entscheidung hat sich gelohnt.
Soča ist ein Fluss, der in den Bergen entspringt und sich mit seiner türkisen Farbe durch ein wunderhübsches, von Bergen umgebenes Tal entlang schlingelt. Diese Natur ist schon sehr beeindruckend und läd zum wandern ein. Auch andere Outdoor Aktivitäten wie Rafting oder Kajak fahren sind hier sehr beliebt. Da ich aber noch immer die Füße etwas still halten soll, entscheide ich mich dagegen, auch wenn das nicht leicht fällt. Stattdessen absolviere ich den Soča Trail. Von der Quelle laufe ich hinab in das Tal und bin schlichtweg begeistert von der Natur. Am Folgetag fahre ich verschiedene Spots ab und lass mich von der Schönheit der Natur treiben. Am Abend finde ich einen wunderschönen Zeltplatz, welche nahezu direkt am Fluss gelegen ist. Leben kann schlechter sein.
Auch möchte ich natürlich noch Ljubljana erkunden, bevor ich mich wieder auf mein Rad schwinge. Eine wirklich hübsches Städtchen. Vor allem die Drachenbrücke hat es mir angetan.
Nun ist aber auch genug Erholungszeit vergangen und ich bin bereit weiter zu radeln. Hoffentlich läuft nun alles glatt und ich kann schon bald ins Meer hüpfen.
Besitos
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