4. Endlich am Meer
Lubljana – St Peter in Krain (61km)
Es darf wieder geradelt werden. Yippie. Ich freue mich, endlich wieder mit Siggi über die Straßen zu fahren und mir den frischen Fahrtwind um die Ohren wehen lassen. An diesem Tag bin ich nur etwas müde, da ich letzte Nacht im Metalkova, das ist ein alternatives Kulturzentrum in Lubljana, sehr nette Leute kennengelernt habe und somit die Nacht etwas kürzer geraten ist. Auch macht sich eine leichte Erkältung bemerkbar. Also fit ist jedenfalls etwas anderes. Dennoch genieße ich die ersten Kilometer und erinnere mich daran, dass Slovenien bergig ist. Auch mein Navi hat Spaß und möchte eine erneute Waldrunde drehen. Und schon befinde ich mich wieder im Wald, bergauf und dieses mal mit jeder Menge Kies auf dem Boden. Alles klar. Wackelig fahre ich ein paar Meter bergauf, steige ab, schiebe, steige auf, fahre erneut ein paar Meter, steige wieder ab, schiebe, etc. Ein wunderschöner Rad bzw. Wanderweg. Für mich jedoch wieder schwierig, da ich noch immer 30kg mit mir herumschleppe. Nein, also die Waldwege muss ich demnächst umgehen. So geht das nicht.
Pivka – Bakarac (90km)
Früh am Morgen geht es weiter in Richtung Süden, in Richtung Kroatien, in Richtung Meer. Endlich. Aber auch dieser Tag vergeht nicht ohne Überraschungen. Ich fahre ca. 15km bis ich an eine Straßensperre komme. „Hier gehts nicht weiter. Straße gesperrt wegen eines Autorennens“ sagt mir ein weniger freundlich dreinschauender Mann. Aha. Und jetzt? „Wo ist die Umleitung?“ frage ich und er antwortet kühl „Pivka“ Äh Moment einmal. Pivka ist 10km zurück. Nein. Bitte nicht. Soll ich wirklich 20km Umweg fahren? Ich will doch noch ans Meer. Ich frage mein Navi und auch Google. Beide empfehlen mir eine Abkürzung. Wie soll es anders sein? Über einen Berg und durch einen Wald. Das ist schon Ironie. Ich überlege. Hügelige Landstraße und 20km Umweg oder durch den Wald? Ein ortskundiger Radfahrer erklärt mir, dass er Weg bergauf eine Straße und kaum zu verfehlen ist. Nur bergab wird es dann wieder lockeren Untergrund geben und ich soll mich links halten. Na das klingt doch gar nicht so verkehrt. Also hoch der Berg und Landschaft genießen. Tja, und der Weg hinab gestaltet sich kompliziert. Verschiedene Wege, die mal wieder im Nirgendwo enden, ich dann voll beladen querfeldein über eine Wiese fahre, um steil bergab wieder einen Pfad zu finden. Anstrengung pur. Und an manchen Stellen auch gar nicht mehr so witzig. Aber es findet sich immer irgendwie ein Weg. Und nach vielleicht 2 Stunden komme ich wieder auf einer Straße an. Blödes Autorennen. Der Tag hätte so einfach werden können.
Nun gut, es sind also noch immer 60km bis zum Meer. Leicht hügelig, aber tendenziell eher bergab. So mag ich das nach dieser Anstrengung. Dafür sind Berge tatsächlich gut, wenn man erst einmal oben ist, gehts auch wieder bergab. Großartig.
Unterwegs treffe ich Thomas aus Salzburg. Er hat mal eben eine Woche frei und fährt nach Zadar in Kroatien und wieder zurück. Dabei legt er auch gern mal über 200km zurück und schläft immer wild irgendwo. Gern in der Nähe von Friedhöfen, sagt er, da hat man seine Ruhe. Ah ha. Das ist nicht ganz meine Vorstellung von einer entspannten Nacht aber jeder hat da ja so andere Prioritäten. Heute möchte er bis Bakarac fahren. Dort in der Nähe ist auch mein Ziel, also fahren wir gemeinsam. Dann sehe ich endlich das Meer und es begrüßt mich mit einer ca. 7-8km langen Abfahrt. Herrlich. Sonne, Wind, bergab und das Meer. Schöner kann Radfahren nicht sein. Aber wie ich bereits lernte, wenn es hinunter geht, gehts auch wieder hinauf und umgekehrt. In diesen Fall liegt eine doch recht lange bergauf Strecke vor uns, die teilweise eine Steigung von 12-13% beinhaltete. Uff. Und noch mal Ufff. Wie heftig ist das denn bitte? Und das nach bereits ca. 80 gefahren Kilometern. Aber irgendwie schaffe ich es und entschließe mich ebenfalls wild zu zelten, da Thomas einen tollen Platz direkt am Meer kennt. Und was mache ich am Meer? Genau, erst mal muss ich ins kühle Nass springen. Wie habe ich das vermisst. Salziges, kühles und vor allem super klares Meereswasser. Ich liebe es und nach einem solch anstrengenden Tag ist das mehr als verdient.
Bakarac – Sven Juraj (61km)
An diesem Tag startet Thomas aus Salzburg bereits 3Uhr morgens. Daran würde ich im Traum nicht denken. Aber ich will auch keine 250km fahren. Ich starte auch verhältnismäßig zeitig noch vor 7Uhr und bin bereits 13Uhr am ausgewählten Campingplatz. Genau so habe ich mir das vorgestellt, denn der Campingplatz liegt direkt am Meer. Also genieße ich de ganzen Nachmittag chillend in meiner Hängematte am und natürlich auch im Meer. Das ist Leben. Erst arbeiten, dann entspannen. Wenn man so früh startet, hat das durchaus etwas für sich, da man noch so viel freie Zeit zur Verfügung hat.
Svet Juraj – Rtina (99km)
Auf den nächsten Morgen hatte mich Thomas bereits vorbereitet. Es geht 13km bergauf. Ich glaube, das ist die längste bergauf Strecke bisher. Es sind immer zwischen 4 und 7% Steigung. Damit kann ich umgehen. Natürlich ist es anstrengend, aber dadurch, dass ich auch wieder früh starte, ist es noch nicht so heiß und die Sonne versteckt sich hinter den Bergen. Und die Aussicht ist einfach unbezahlbar. Das Meer und Berge, wohin das Auge blickt. Dafür lohnt es sich zu schwitzen und zu kämpfen. Dann geht es mit einer Fähre auf die Insel Pag und dann einmal die ganze Insel entlang. Ja doch, langsam merke ich meine Muskeln. Jeder weitere Höhenmeter ist anstrengend und nach wie vor lohnenswert. Nach 99km komme ich an einem wunderschönen Camp an, welches wieder direkt am Meer gelegen ist. Allerdings zahle ich dafür auch knapp 25 Euro. Das ist gar nicht so günstig, zumal nichts weiteres dabei ist und auch das Internet funktioniert. Aber in Kroatien muss man mit diesen Preisen rechnen. Günstig ist es jedenfalls nicht. Egal, ich genieße diesen Spot sehr und schaue gemütlich der Sonne beim untergehen zu.
Rtina – Zadar (28km)
Der Folgetag ist quasi ein Entspannungstag. Es sind nur noch 28km bis Zadar zurückzulegen. Es gibt zwar zwischendrin eine 9%ige Steigung, aber auch die schaffe ich schniefend und schwitzend. Zu den Steigungen lässt sich folgendes sagen: bis 5 oder auch 6% Steigung kann ich es über längere Strecken fahren, ohne, dass ich völlig ko bin. Ab 7% Steigung habe ich schon ordentlich zu kämpfen. Ab 10% Steigung kann ich nur noch kurze Strecken absolvieren und spätestens ab 12% Steigung muss ich nach 200m schieben. Wenn dann noch zusätzlich lockerere Untergrund hinzukommt, muss ich schon früher mein Rad schieben. Aber wie sagt man so schön? Wer sein Rad liebt, der schiebt. Und am Ende kommt es nicht darauf an, wie schnell ich irgendwo ankomme, sondern, DASS ich ankomme.
In Zadar ist dann erst einmal Entspannung angesagt. Ich drehe nur eine kleine Stadtrunde und nutze das vorhandene Internet.
Am nächsten Morgen stellt sich heraus, wie ich schon ahnte, dass meine Sim Karte vom Handy kaputt ist. Eine neue wird mir zugeschickt. Allerdings nach Hamburg. Schwierig. Also kaufe ich mir eine kroatische Sim Karte. Mittlerweile schaffe ich es ganz gut, mich nicht über solche Probleme zu ärgern. Über Dinge, die man nicht ändern kann, lohnt es sich nicht zu ärgern. Das gibt nur zusätzliche Falten. Und jetzt habe ich eben eine kroatische Telefonnummer. Auch nicht schlecht.
In den nächsten zwei Tagen ist Sightseeing angesagt. Und zwar geht es zu den Plitzvicer Seen. Ich hörte, es soll sehr überlaufen sein. Daher wollte ich es schon fast auslassen, aber wenn ich schon mal in der Gegend bin, sollte ich mir das Naturspektakel nicht entgehen lassen.
Und zum Glück habe ich es nicht ausgelassen. Natürlich muss der altbekannte Trick her, nämlich morgens die erste am Eingang zu sein. Dann hat man den Nationalpark nach fast für sich, da die meisten Touristen erst gegen 10Uhr anreisen. Diese vielen verschiedenen Seen auf unterschiedlichen Ebenen sind unglaublich schön und überall bahnt sich das Wasser einen Weg zum nächst tieferen See, was also eine Vielzahl von Wasserfällen mit sich bringt. Und dazu ist das Wasser türkis blau, unwirklich nahezu unnatürlich. Ich habe mich für die Große 18km Wanderung entscheiden. Und an vielen Stellen war ich auch tatsächlich allein. An den einschlägigen Hotspots tummeln sich dann natürlich die ganzen Touristen. Aber ganz umgehen kann man sie in der Hochsaison eben nicht.
Anschließend geht die Route weiter Richtung Süden. Und an diesem Tag bin ich höchst motiviert und fahre wieder 100km an der kroatischen Küste entlang und finde am Ende des Tages ein wirklich schnuckeligen Zeltplatz. Und die Leute dort sind auch unglaublich freundlich. Es gibt nämlich weder ein Restaurant noch einen Kiosk. Das brauche ich auch gar nicht, denn ich werde von einer schwäbischen Familien zum Spaghetti Essen eingeladen und anschließend werde ich von anderen Gästen mit Bier versorgt und am nächsten Morgen bietet mir ein Pärchen noch einen Kaffee an. Voll lieb. War ich doch tatsächlich sehr positiv überrascht.
Und dann kommt wieder einer dieser Tage, an denen sich jeder Kilometer ewig hinzieht und ich schon ab 30km unmotiviert in die Pedalen trete. Woran liegt das nur? Dieses Mal liegt der Grund am Wind, auch Bora genannt in dieser Ecke. Also das kann einem schon ganz schön zu schaffen machen, dieser Wind. Und so ziehen sich die 70km und ziehen sich und ziehen sich. Aber in Spit angekommen ist das schon fast vergessen, denn die nächsten Tage sollen Tauchtage sein. Dafür begebe ich mich auf die Insel Vis, überquere mal wieder mit Bora von vorn und einem Berg die Insel und lande in Komiza.
Bis bald.
Besitos