El Salvador – Klein aber Fein!

El Salvador – Klein aber Fein!

Nach zweieinhalb Wochen Honduras steht nun El Salvador auf dem Programm. Doch zunächst steht ein Reisetag an. Da ich mit den teuren Shuttles bisher nicht so viel Glück hatte, entscheide ich mich mit den lokalen Bussen nach Santa Ana in El Salvador zu fahren. Gar keine einfache Aufgabe, denn es stehen gleich zwei Grenzübergänge auf dem Plan. Zunächst geht es wieder nach Guatemala. Bis Chicimula erreiche, wovon die Busse nach El Salvador fahren, vergehen drei verschiedene Bussfahrten. Allesamt in kleineren Bussen, die frei nach dem Tetris Prinzip vollgestopft werden. Irgendwie passt immer noch einer rein. In Chicimula werde ich schon von verschiedenen Leuten empfangen, die mich gleich in den nächsten Bus verfrachten. Man kann sein Ziel eigentlich gar nicht verfehlen. Es gibt immer jemanden, der einen in den nächsten Bus setzt. Zeit für den nächsten Grenzübergang. Es geht nach El Salvador. Nur eins ist eigenartig. Es gibt keinen Stempel im Reisepass. Und das, wo ich doch von allen möglichen Ländern einen Stempel haben möchte. Nicht in El Salvador. Nicht bei Grenzübergängen über Land. Schade. Auch gibt es auf der anderen Seite keine Busse. Mir wird gesagt, ich soll ca. einen Kilometer bergauf zur nächsten Bushaltestelle laufen. Bergauf? Mit Sack und Pack? Ohjee. Nun gut, es bleibt mir ja nichts anderes übrig. Nachdem ich vielleicht einen oder sogar schon eineinhalb Kilometer gelaufen bin, kommt ein Checkpoint. Ich frage nach der Bushaltestelle, die ich bisher nicht finden konnte, und mir wird gesagt, ich soll einfach hier im Schatten warten. Der Bus fährt immer seine Runden und kommt hier vorbei. Aha. Diese Information wäre bereits am Grenzübergang hilfreich gewesen. Aber so habe ich immerhin mein heutiges Sportprogramm absolviert.

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Ein hübscher Chicken Bus kommt mir entgegen und ich werde bei lauter Cumbia Musik nach Metapán, die nächst gelegene Stadt gefahren. Hier brauche ich erst einmal eine Pause und gehe etwas essen. Der nächste, gute gefüllte Chicken Bus fährt mir anschließend vor der Nase davon. Der nächste lässt aber nicht lange auf sich warten. Nach insgesamt acht Stunden und einem zwickenden Popo (die lokalen Busse sind nicht wirklich bequem) komme ich in endlich in Santa Ana ein. Ein letzter lokaler Bus fährt mich in die Nähe des Hostels. Busfahren ist hier wirklich ein Erlebnis. Ich war auf der gesamten Strecke die einzige Europäerin. Oft werde ich gefragt, wo ich herkomme und wohin ich reise. Immer sind die Menschen sehr hilfsbereit und super freundlich. Wozu kostspielige Shuttles buchen, wenn man doch so viel Spaß in den lokalen Bussen haben kann?

Den Rest des Weges geht es zu Fuß weiter und ich muss sagen, dass Santa Ana zunächst keinen so positiven Eindruck hinterlässt. Die kleinen Straßen sind menschenleer, die Fenster und Türen vergittert, es ziehen dicke Regenwolken auf und die vorbeifahrenden Autos sind fast immer verdunkelt. Sogar die Frontscheibe. Das alles ist ein wenig gruselig. Später erfahre und sehe ich, dass ich Stadtzentrum die Party bzw. der Karneval steigt. Vielleicht sind die Straßen deshalb so menschenleer. 

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Bereits am nächsten Morgen mach ich mit mit Jess aus Australien auf den Weg zur Ruta de las Flores. Das sind einige hübsche kleine bunte Dörfer, dessen Namen man sich nur schlecht merken kann. Nach einer heiteren Chicken – Busfahrt beginnt die Route für uns ins Juayúa. Am heutigen Tag gibt einen interessanten Food Market mit allerlei Köstlichkeiten. Jedoch ist das eher für Fleischliebhaber geeignet.

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Wir trinken einen gesunden frischen Ananas-Orangen-Saft bevor wir uns auf den Weg zum Wasserfall machen. Es geht einige Meter steil bergab und am Ende plätschert ein hübscher Wasserfall in künstlich angelegte Pools. Hätte man Zeit, könnte man hier einige Stunden verbringen.

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Wir lassen uns jedoch mit einem Tuktuk zur Bushaltestelle fahren und begeben uns ins nächste Dorf Apaneca. Interessant ist hier eine kleine Kirche, umgeben von einigen Essenständen. Also hungern muss man hier nicht.

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Das eigentliche Highlight ist Ataco. Viele bunte kleine Häuser und interessante Wandgemälde zeichnen das Bild dieses Dorfes. Hinzukommend gibt es viele kleine Geschäfte, Essens- und Schmuckstände. Man könnte wirklich länger hier verweilen, doch der Tag neigt sich bereits dem Ende, so dass wir einen der nächsten Chicken Busse zurück nach Santa Ana nehmen.

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Am Folgetag ist Wandern angesagt. Und zwar auf einen der nahegelegenen Vulkane. Der Wanderweg dauert nur eineinhalb Stunden, ist mittelmäßig anstrengend und man wird mit einer grandiosen Aussicht auf den strahlend grünen Kratersee belohnt.

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Jeder Vulkan hat so seinen eigenen hübschen Charme. Nachdem ich nun schon auf sieben verschiedenen Vulkanen war, kann ich sagen, dass Vulkan-Wandern zwar meist anstrengend ist, sich aber immer lohnt. Nachdem wir ein leckeres Mittag- oder sagen wir eher Nachmittagsessen mit Blick auf den Coatepeque See genossen haben, fahren wir zum Captain Morgan Hostel, welches direkt am See gelegen ist. Wir hüpfen ins kühle Nass und genehmigen uns ein Bierchen. Das ist nach der Wanderung wohlverdient.

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Meine Zeit in Santa Ana neigt sich bereits dem Ende und schon am nächsten Tag fahre ich mit Jess nach El Tunco, einer meiner letzten Stationen dieser Reise. Nach nur drei Stunden und zwei Busfahrten erreichen wir das Surfer-Paradies. Um nur mal einen kleinen Vergleich zu wagen: die Busfahrt kostet pro Person drei Dollar während ein Shuttle hätte 40 Dollar gekostet. Also wirklich, lokale Busse finde ich mittlerweile so viel besser als die teuren Shuttles.

Den Nachmittag erkunden wir das Surfer-Dorf, bestaunen die riesigen Wellen und schlürfen leckere Cocktails. Leben könnte schlimmer sein.

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Am nächsten Morgen geht es auch schon in die Vollen. Ich nehme mir eine Stunde Surfunterricht. Schließlich bin ich noch immer Anfänger und habe keine Ahnung, wo man als Anfänger am besten surfen kann. Zum Glück fahre ich mit dem Surflehrer an einen nahegelegenen Strand. Ja, hier gibt es Sandstrand. Schwarzen Sandstrand.

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In El Tunco selbst gibt es nur eine Steinküste und riesige Wellen. Ein paar Kilometer weiter erstreckt sich ein weiter langer und einsamer Sandstrand. Es ist kaum eine Menschenseele hier. Wir wiederholen zunächst die Surftechnik am Strand. Zehn mal hoch und runter und schon komme ich ins Schwitzen. Ganz schön warm hier. Also nichts wie ab ins kühle Nass. Zu meiner Verwunderung klappt es von Anfang an gut. Ich steh auf und bleibe sogar auf dem Board. Nur an meine Arme und an das In-die-Knie gehen muss ich mich bzw. der Surflehrer immer wieder erinnern. Am Anfang gibt er mir auch immer einen kleinen Schubs, was das Aufstehen erleichtert. Nur das wieder hinauslaufen bereitet mir Schwierigkeiten, denn es herrscht eine ordentliche Unterbodenströmung. Das eigentliche Anstrengende beim Surfen ist das wieder ins Wasser, in eine gute Ausgangslage, zu kommen. Man läuft gegen Wellen über Wellen oder paddelt durch sie hindurch. Nach eineinhalb Stunden ist auch schon wieder Schluss. Schade. Die Stunde hätte ruhig noch länger sein können.

Übung macht bekanntlich den Meister, also leihe ich mir am Folgetag ein Board aus und gehe zusammen mit Max, einem Kanadier, wieder an den Anfängerstrand. Ich bin gespannt wie es allein funktioniert, denn das Timing ist entscheidend beim Surfen. Aber es klappt. Einmal, zweinmal, dreimal. Ich bin stolz und kann mich jetzt als einen Weißwasser-Surfer bezeichnen. Bestimmt 70% aller Wellen schaffe ich zu surfen. Na ja, vielleicht sind es auch nur 60% oder 55%. Aber es ist auf jeden Fall mehr als die Hälfte. Jawohl! Je später es wird, um so verrückter werden auch die Wellen. Das Tückische daran ist, dass die Wellen hier nicht nur vorn vor sondern manchmal auch von der schräg-vorn kommen und somit für mich zumindest unberechenbar sind. Auch lässt die Kraft nach und so wird es zunehmend schwieriger die Wellen zu bekommen. 

Alle guten Dinge sind drei. Also wird am dritten Tag weiter fleißig geübt. Mittlerweile deutlich geschwächter als an den Vortagen. Die Muskeln sind müde und haben nicht mehr so viel Kraft. Doch am Ende unserer heutigen Surfeinheit, wieder ohne Lehrer, habe ich den Dreh wieder raus. Nur traue ich mich noch nicht weiter raus. Zum einen gibt es an jenem Strand kaum andere Surfer, an denen man sich orientieren kann und zum anderen ist es einfach schwierig mit einem großen Anfängerboard durch die Wellen zu schwimmen. Nein, dass hebe ich mir für das nächste Mal auf. Aber ich bin stolz, dass ich doch die eine oder andere Welle surfen und mich ganz gut auf dem Board halten kann. Aber ich muss schon sagen, Surfen muss man wirklich können wollen. Das Weißwassergeübe ist schon sehr kräfteraubend. Während Könner entspannt auf ihren Boards sitzen und auf die perfekte Welle warten, so müssen wir Anfänger immer und immer wieder im Weißwasser üben. Aber es wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass ich auf einem Surfboard stand.

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Der letzte Abend wird mit diversen Kartenspielen vertrieben. Shithead, Jenev, Chancho und ein mir vom Namen unbekanntes Kartentrinkspiel. Zum Glück gibt es keine Kurzen, so das man entspannt an seinem Bier schlürfen kann. Im Laufe des Abends höre ich allerdings immer weniger, was daran liegt, dass mein Ohr offensichtlich voller Wasser ist. Und leider verschlimmert sich die Lage über Nacht, so dass ich am nächsten Morgen mit einem völlig geschlossenen und schmerzenden Ohr aufwache. Na das habe ich jetzt noch gebraucht. Eine Ohrenentzündung. Und das so kurz vor meinem Abflug. Verdammt. Aber nützt nichts, ich kann nicht einfach im Bett liegen bleiben, denn ich muss mich auf den Weg nach San Salvador begeben. Und von San Salvador zurück nach Tegucigalpa, meinem Anfang der Route. Während der einstündigen Busfahrt halte ich mein Ohr aus dem Fenster, damit es trocknet. Klingt komisch, soll aber helfen. Irgendwie. Einen Fön habe ich leider nicht. Ich kaufe mir zusätzlich Antibiotika Ohrentropfen und hoffe auf schnelle Besserung. Ich will nicht mit Ohrenschmerzen fliegen müssen. In San Salvador steht krankheitsbedingt auch nichts mehr auf meiner To-Do-Liste und ich versuche mich zu schonen.

Sonntag. Mein letzter voller Tag in Zentralamerika. Ich fahre mit dem Bus sieben Stunden nach Tegucigalpa. Die Ohrenschmerzen werden schlimmer. Verdammt. Ich nehme Antibiotika. Hoffentlich helfen sie. Nachdem ich bereits eineinhalb Stunden im Bus vor mich her schlummerte, stoppt der Bus auf einmal. Mitten in der Pampa. Was ist das los? Hoffentlich schon schon wieder eine pana grande? Der Bus springt nicht mehr an. Oh oh. Was tun, wenn er nicht bald weiterfährt? Trampen? Warten und hoffen? Flug verpassen? Ich male mir in Gedanken schon aus, wie ich also den Rest de Weges per Anhalter fahren würde, als der Bus wieder anspringt. Na Gott sei Dank. Kurz vor dem Heimflug eine größere Panne wäre schon ungünstig gewesen. Irgendwann abends komme ich in Tegucigalpa, meinem Anfangsort der Reise, an. Ich übernachte im gleichen Hostel und finde tatsächlich jemanden mit einem Fön. Nun kann ich endlich mein Ohr föhnen, um die Schmerzursache somit zu bekämpfen. Doch es passiert nicht viel. Auch am nächsten Morgen ist trotz Antibiotika keine wirkliche Besserung in Sicht. Ich begebe mich also auf die Suche nach einem anderen, laut meiner Schwester, die Ärztin ist, ein wirksameres Antibiotikum und finde es schließlich. Ein Hoch auf Lateinamerika, wo man Antibiotika frei in der Apotheke kaufen kann. Es kann jetzt also nur besser werden. Den ersten Flug überstehe ich einigermaßen gut. Dank der Schmerzmittel spüre ich kaum etwas, höre allerdings noch immer nicht viel auf meinem rechten Ohr. Ich erreiche Houston und werde zunächst von einer recht unfreundlichen Person am Schalter begrüßt. Zu meinem Erstaunen ist auch jede weitere Person des Flughafenpersonals mega unfreundlich. Das kenne ich sonst nur aus Deutschland. Fragen werden ignoriert und Anweisungen werden in einem harschen Ton erteilt. Was ist denn hier los? Schlecht geschlafen? Hat das Essen nicht geschmeckt? Bereits hier beginne ich meine geliebtes Lateinamerika zu vermissen: diese Freundlichkeit der Menschen und diese Herzenswärme. Das ist schon etwas ganz Besonderes.

Mein nächster Flieger ist zum größten Teil leer. Mich wundert, dass er nicht gestrichen wurde. Zum Glück aller Passagiere. Ich reservierte mir einen Platz im hinteren Teil des Flugzeuges. Egal ob Bus oder Flugzeug, ich sitze gern hinten. Denn wenn es eine Chance auf mehr Platz gibt, dann hinten. Denn alle wollen vorn sitzen.

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Ich sitze im hinteren Abteil des Flugzeuges mit anderen fünf Personen. Fünf. Verrückt. Ich habe eine ganze Bank nur für mich und schlafe fast wie in einem Bett. Von den anhaltenden Ohrenschmerzen reden wir einfach nicht mehr. Ein letzter Flieger steht bevor. London – Hamburg. Schade. Schon wieder ist meine Zeit in Lateinamerika zu Ende. Aber ich werde sicherlich wiederkommen. Dieses Fleckchen Erde hat es mir einfach angetan. Mit all seinen Facetten. Ich werde es vermissen und hoffen, dass ich schon bald zurückkehren kann.

Besitos